Wie gut ist der KENFO wirklich? – der deutsche Staatsfonds

Um die Frage zu beantworten, wie gut der KENFO wirklich ist, benötigt man zunächst einen geeigneten Bewertungsmaßstab. Dabei sind sowohl die Zielsetzung und Zielerreichung (Zweckmäßigkeit) des Fonds, die Verwaltung und die im Zusammenhang stehende Transparenz bei der Verwaltung des Fonds sowie die relative Performance im Vergleich zur Peergroup zu betrachten.
Das Ziel des Fonds ist nach dem Entsorgungsfondsgesetz unter der Stiftung „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ (KENFO) die Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, konkret die Finanzierung der Zwischenlagerung, der Endlagerung und den Rückbau von Kernkraftwerken. Eine Vielzahl von Zwischenlagern, wie in Brunsbüttel, Gorleben, Isar oder Grafenrheinfeld, sind bereits vorhanden. Es gibt jedoch bisher kein endgültig genehmigtes und in Betrieb genommenes Endlager für hochradioaktive Abfälle, obwohl es ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (Endlager Konrad) gibt. Mit der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke und deren Rückbau gibt es seit dem 15. April 2023 kein deutsches Atomkraftwerk mehr am Netz. Unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit konnte der KENFO also bereits Erfolge verzeichnen, auch wenn die endgültige Zielerreichung wohl noch in weiter Ferne steht, da die Hürden im Baurecht (z.B. Umweltverträglichkeitsprüfung) sehr hoch sind. Da eine Änderung erheblich in die Kompetenzen der Länder oder Kommunen eingreift und stets der Zustimmung der Länder im Bundesrat bedarf, wird sich hieran wohl nichts ändern. Im Jahr 2023 wurden hierfür 644.239 Euro für stiftungsrechtliche Verwendungen ausbezahlt, also zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung.

Die Transparenz der Verwaltung kann man als gelungen, jedoch ausbaufähig ansehen. Auf der Website des KENFO sind die Anlagestrategie, die ESG-Strategie und auch die Fondszusammensetzung zu bestimmten Stichtagen transparent nachvollziehbar. Der KENFO hat also bereits gute Governance-Strukturen, könnte jedoch von der extremen Transparenz und den strikten ethischen Richtlinien des norwegischen Staatsfonds profitieren.

Bezogen auf die Performance zur Peergroup lässt sich feststellen, dass der KENFO mit mehr als 9.000 Einzelpositionen (35 % Aktien, 35 % Unternehmens- und Staatsanleihen, 30 % illiquiden Anlagen) wohl als Mischfonds gesehen werden kann. Im Durchschnitt konnte der Mischfonds seit 2018 6,04 % p.a. zulegen (2023: +11,1 %; 2022: -12,2 %; 2021: +10,4 %; 2020: +8,3 %; 2019: +20,2 %; 2018: +2,4 %). Diese Ergebnisse liegen im Durchschnitt anderer Staatsfonds. Die schwedischen AP1 bis AP4 Fonds erzielten in den letzten Jahrzehnten zwischen 5 % und 7 % durchschnittliche jährliche Rendite, der AP7 sogar 8 % bis 10 %. Der dänische ATP konnte zwischen 5 % und 7 % jährlich wachsen, und der norwegische Staatsfonds lag in der jüngeren Vergangenheit zwischen 10,9 % und 14,5 % jährlicher Rendite, in der langfristigen Vergangenheit jedoch auch zwischen 6 %und 7 %. Aufgrund der noch jungen Vergangenheit des deutschen Staatsfonds sind diese Ergebnisse jedoch mit Vorsicht zu genießen.

Kann er langfristig großen Vorbildern wie dem norwegischen Staatsfonds nacheifern? Der norwegische Staatsfonds ist mit über 1 Billion USD einer der größten Staatsfonds weltweit. Im Vergleich dazu ist der KENFO mit einem Startkapital von rund 24 Milliarden Euro deutlich kleiner. Hier gibt es folglich Potenzial für den KENFO. In Sachen Allokation und Diversifikation eifert der KENFO schon dem norwegischen Pendant nach. Der norwegische Staatsfonds investiert ebenfalls in unterschiedlichste Assetklassen, ist diversifiziert über diverse Branchen und investiert international. Beide Fonds weisen ein Portfolio von über 9.000 Einzelwerten aus.

Im Zweck der Anlagen ist der KENFO deutlich enger gefasst. Er verfolgt nur einen spezifischeren Zweck: die Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung. Der norwegische Staatsfonds hingegen ist breiter aufgestellt und sorgt generell für die Stabilisierung der norwegischen Wirtschaft, dient als Puffer bei Schwankungen der Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor und sichert Rentenansprüche der norwegischen Staatsbürger. In Sachen Transparenz und Governance hat der KENFO zwar bereits gute Strukturen, könnte jedoch von der extremen Transparenz und den strikten ethischen Richtlinien des norwegischen Fonds profitieren. Der norwegische Staatsfonds folgt strengeren Anlagerichtlinien und schließt Unternehmen aus, die in Bereichen wie Waffenproduktion, Tabak oder schwerwiegende Umweltverschmutzung tätig sind. Ein Ethikrat überwacht die Einhaltung dieser Richtlinien und kann Unternehmen von der Liste der zulässigen Investitionen streichen, wenn sie nicht den ethischen Standards entsprechen. Der KENFO investiert weiterhin auch in Unternehmen, deren Geschäftsmodell noch auf fossilen Energiequellen basiert. Der deutsche Staatsfonds kann dem norwegischen Pendant also in Sachen Anlagevolumen, Transparenz und Strenge nacheifern.

Löst er insbesondere seinen Nachhaltigkeitsauftrag (ESG-Konformität) wirklich ein? Anders als andere Staatsfonds setzt der KENFO seine Nachhaltigkeitsregeln im Wesentlichen dezentral über die von ihm mandatierten Asset Management-Gesellschaften um. Dabei folgt die Anlagestrategie nicht einer ausschließlichen Ausschlusskriteriumslogik, sondern stützt sich auf einen Best-in-Class-Ansatz. Ausgeschlossen werden dennoch gewisse Tätigkeitsbereiche wie Kernkraft, schwere Verstöße gegen den UNGC oder auch Geschäfte mit Waffen. Der KENFO orientiert sich an drei Grundsätzen: dem UNGC, den PRI und der NZAOA. Der UNGC und die PRI bilden dabei die notwendige Grundlage, um überhaupt systematisch typische Nachhaltigkeitsrisiken zu berücksichtigen. Dies sollte jedoch mehr als Teil des Risikomanagements betrachtet werden und weniger als Nachhaltigkeitsagenda. Die Teilnahme an der NZAOA (2019 gegründet) ist hier aufschlussreicher und folgt einem Ziel: die Dekarbonisierung über die Finanzmärkte. Der KENFO verpflichtete sich als erster Staatsfonds weltweit, das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen und sein Anlageportfolio bis spätestens 2050 klimaneutral auszurichten. „Mit dem Beitritt zur Net Zero Asset Owner Alliance bekennt sich der deutsche Staatsfonds KENFO zu seiner Verantwortung, seinem Auftrag gemäß nachhaltige und langfristige Renditen zur Finanzierung der Atommüllentsorgung zu erwirtschaften.“ – Jürgen Trittin. Eine Bewertung dieses Nachhaltigkeitsauftrags ist nach so kurzer Zeit nur schwer möglich oder bisher auch nicht zu erkennen. Mit Blick auf die Entwicklung der Treibhausgasemissionen von enthaltenen Werten wie der Africa Oil Corp., der Fuji Oil Holdings Inc., der Indian Oil Corp. Ltd., der Lukoil Pjsc oder der Saudi Arabian Oil Co. lässt sich das Gesagte weiterhin nur als Agenda verstehen, die seit 2019 besteht und nach 5 Jahren noch keine wesentlichen Ergebnisse bringen konnte. Auch wenn die Emissionsintensität nach den Berichten des KENFO der Anlagen sinkt, steigen die absoluten Emissionen weiter und verbrauchen unsere internationalen CO2-Budgets bis 1,5 °C oder 2 °C weiter auf.

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